Donezk: Hölle aus geschmolzenem Blei

am

Pawel Rasta

Донецк: Ад расплавленного свинца; Erstveröffentlichung 11/2014

Willkommen, Kollegen, ich setzte den Zyklus der „Memoiren eines internationalen Terroristen“ mit einer Geschichte über eine weitere heldenhafte russische Stadt des Donbass fort. Über die Stadt, in der ich heute bin. Über die Stadt, in deren Garnison ich jetzt diene. Über die Stadt, die ich diesen Winter wahrhaft mehr geliebt habe, als sie sich als erste im Südosten erhob, um die üblen Geister der Ukrainer zu bekämpfen. Was geschieht dort? Wie ist die Wirklichkeit in der belagerten Stadt? Ich werde Euch von einem Tag in der Hauptstadt des russischen Frühlings erzählen. Es ist nur ein Tag. Aber für die Stadt und ihre Bewohner gibt es sieben solcher Tage in der Woche. Und vermutlich 365 pro Jahr. Hier ist meine Geschichte.
Donezk.
Ein sonniger Morgen. Der Himmel klar, keine Wolken. Dennoch hat der Herbst die Stadt eingenommen: in Donezk ist es deutlich kälter. Die halbe Baracke hustet. Der Kommandeur hat eine große Packung „Tera-Flu“ gekauft und für alle hingestellt, und nach nur drei Tagen war die Schachtel leer. Dennoch sind alle gesund. Niemand gibt zu, krank zu sein. Und trinkt „Tera-Flu“. Und gibt vor, nichts zu bemerken. Ich trinke mit. Und auch ich bemerke nichts.
Helle Sonne und kalter Steppenwind – das sind die Zeichen dieser Zeit. Die Leute tragen dunkle Sonnenbrillen und wickeln sich in warme Kleidung. Eine Kombination, die den glamourösen Modepäpsten von Moskau bis Kiew wild erscheinen mag, die aber für die aus dem Süden völlig natürlich ist. Sie ist praktisch. So hält man es auch in meiner Geburtsstadt Rostow. Diese Städte sind einander alle sehr ähnlich, in ihrem Anblick wie in ihrer Mentalität. Drei oder vier Stunden mit dem Auto – das ist keine Entfernung. Und der kulturelle Graben, der den Ausbruch dieses Krieges verursacht hat, liegt nicht hier. Der ist weit im Westen.
Montag Morgen. Die Leute sind noch nicht ganz aus dem Wochenende zurück. Das ist hier heilig. Es gibt nicht einmal größere Kämpfe am Wochenende. Das gilt für beide Seiten gleichermaßen. Das Wochenende ist vorüber, und alle sind entspannter. Vom Nichtstun. Besonders, weil der erste Tag der Woche ruhig anfing. Am Morgen gab es keinen Beschuss der Stadt. Am Morgen…
Das passierte um 12 Uhr 15 Ortszeit. Wir saßen in der erst jüngst bezogenen Baracke beim Frühstück. Das ist erst der zweite Tag, nachdem sich die Gruppe „Warjag“ hier niedergelassen hat, und die Küche hinkt hinterher. Das Geplauder in den Baracken – ein ganz besonderes kulturelles Phänomen, in dem die Erwägungen aus der Welt der Philosphie aufs engste mit der ziemlich krachledernen Soldatenfolklore verwoben werden. So ein Gespräch wird geführt, als alles passierte. Worüber wir geredet haben? Ich weiss es nicht mehr. Ja, es spielt keine Rolle.
Ein Grollen. Laut, scharf, kurz. Die Fenster wurden aufgerissen, heiser kreischten die Scharniere. Die Türen flogen auf, schlugen gegen die Wände. Geschirr, Bücher, Bürokram – alles, was fallen konnte, flog von den Brettern. Die Tassen auf dem Tisch sprangen fast einen Zentimeter hoch und kamen mit einem Ploff wieder auf, Spritzer heißen Tees spritzten auf das Öltuch. Wir erstarrten, stierten einander an. Meine Ohren klingelten. Vor allen stand die selbe Frage: kommt noch mehr? Eine Frage, die schnell der Erkenntnis wich, nein, es kommt nicht. Denn es war sie. Und sie kommt immer in glanzvoller Einsamkeit.
Sie … „Totschka-U“.
Hier sind wir uns persönlich begegnet.
Ballistische Raketen wurden entwickelt, um ein befestigtes Schlachtfeld zu zerstören. Die Schöpfer dieses Wunders des sowjetischen militärisch-industriellen Komplexes konnten sich nicht vorstellen, dass dieser fliegende Alptraum gegen Millionenstädte geschickt werden könnte. So wurde es nie gebraucht. Bis jetzt.
Und sie hat unseren Bereich getroffen. Unsere Stadt. Unser Leben. Das fühlt man plötzlich und schrill.
Im Treppenhaus steht Lena, die Bürokraft unserer Einheit. Bleich. Mit zitternden Händen. Tränen in den Augen. Sie versucht, Mutter und Schwester zu erreichen. Ich biete ihr eine Zigarette an. Sie lehnt ab. Versucht es nochmal. Kein Netz. Sie verschwindet. Nein, die Sendestation ist intakt. Es ist das Netz zusammengebrochen. Aus einem einfachen Grund, in der ganzen Stadt versuchen Tausende gleichzeitig, ihre Familien, die, an denen ihr Herz hängt, zu erreichen. Alle vom selben Gefühl beseelt: der Mischung aus Zorn und Furcht. Nicht der Furcht eines Feiglings. Das ist die Furcht von jemand, dessen Alles, dessen Geliebtes da ist, wo der Tod vom Himmel fällt. Er hat keine Angst um die eigene Haut. Er hat Angst um sie. Und mit der Furcht ballt er seine Fäuste in grenzenlosem, unvorstellbarem Zorn.

Unmöglich, zu beschreiben, wenn die ganze Stadt die Fäuste ballt. Wenn die ganze Stadt bis zum Hals anschwillt mit Trauer und Hass. Davon knistert der Raum. Eine schwarze Wolke, die am Himmel hängt, aus der Blitze hämmern. Der Gott der Zerstörung und Auslöschung, Fleisch geworden. Ein Element brodelnder Finsternis.
Vor dem Fenster beginnt es zu rumpeln. Die Stadt wird aus allen Rohren getroffen: „Grad“, Mörser, Haubitzen. Das Handynetz geht endlich wieder. Wir finden heraus, wo der Einschlag ungefähr war.
Ich wende mich an den Kommandeur der Einheit. Bitte gib mir ein Auto mit einem Fahrer von hier. Ich möchte Bilder machen, was in der Stadt geschieht. Die Leute müssen das wissen. Jeder sollte wissen, was hier jetzt geschieht. Warjag schaut mich fragend an:
– Du weisst, das ist Oktober?
– Ja.
Ich weiss schon, was das bedeutet. Der Donezker Stadtbezirk Oktober. Flughafen … das sagt Alles. Totes Gebiet, bewohnt von Geistern. Die meistgequälte Region der Stadt, wo man leicht in einen feindlichen Spähtrupp läuft oder unter Feuer jeglicher Stärke gerät. Dort herrscht niemand, nicht Novorossija, nicht Bandera. Denn es ist – eine andere Welt. Eine Welt der Schatten.
Warjag ruft jemanden per Handy an. Eine Minute später betritt ein Mann den Raum, gedrungen, wie ein Arbeiter oder Automechaniker. Frisch ausgebildet. Das sind hier die Meisten. Leute, die zum ersten Mal im Leben Waffen tragen. Und haben die Kräfte der Strafaktion zurückgeschlagen. Sein Rufzeichen ist „Wisent“. Wir reichen uns die Hände.
Die Straßen der Stadt sind leer. Die Stadt ist ausgestorben. Ihre Bürger kennen das schon. Man muss ihnen nicht mehr zeigen, was bei Beschuss zu tun ist. Die wenigen Fussgänger bewegen sich schnell und zielgerichtet. Keine Autos. Kein Stau. Wir brauchen 20 Minuten bis zu den äußeren Positionen. Sie sind in einem Wohngebiet. Und heute wurde es getroffen. Die Häuser ringsum wurden von einer Raketensalve erwischt. In denen, die sicher sind, sind keine Bewohner – auf sie wird gezielt. Die Bewohner wussten einfach, dass sie sterben würden, wenn sie bleiben.
Wisent hält das Auto an und verhandelt kurz mit den Milizionären. Stellt mich als Korrespondenten vor. Ich bin es schon gewöhnt, scharf hinzuzufügen:
– Ich bin kein Korrespondent. Ich – bin Milizionär bei „Warjag“ mit einigen zusätzlichen Aufgaben.
Die Jungs verstehen. Sie vermuten den Einschlagsort der „Totschka-U“ irgendwo dort drin, bei den Schlackehügeln. An einer der Kurven der gewundenen Straßen des Bergarbeiter-Viertels. Wo genau, weiss niemand. In der Stadt ist Durcheinander, und die Miliz hat weit dringendere Aufgaben als den Einschlagsort eines fliegenden Todes zu untersuchen.
– Shakespeare.
Wisent schaut nachdenklich nach vorn.
– Da kann etwas geflogen kommen. Hält dich das nicht ab?
– Nein.
Er macht sich Sorgen um mich. Ein seltsames Gefühl. Ich zögere, dann frage ich:
– Und dich?
Wisent schüttelt den Kopf. Wir fahren. Wisent lenkt stumm. Dieser Mann ist nicht zu erschrecken. Er fürchtet sich nicht, er kommt aus dem Ort Kommunard. Der, wo sich das Batallion „Aydar“ hervorgetan hat. Wo die Ermittler der DNR jetzt die Massengräber gefolterter Zivilisten freilegen. Liegt dort jemand aus seiner Familie? Solche Fragen stellt man nicht.
Und wieder. Die Grenze zwischen Leben und Tod. Ich bin ihre Gegenwart gewöhnt. Hier ist sie unglaublich nah. Ich habe sie in Spartaka überquert. Aber ich wusste nicht, was es ist, wie hier in Donezk. Die Welt ändert sich erneut. Scharf. Wir fahren an etwas wie einem Grenzpfahl vorbei, mit einem Schild, mit der Fahne der DNR und der Losung „Wohlstand. Demokratie. Gleichheit.“
Dahinter ist die Welt verstummt. Gefährdete Vögel. Die Schatten werden dunkler und schärfer. Sogar die Blätter an den Bäumen wirken von einem grauen Staub überzogen. Hinter den Fenstern geschieht nichts. Keine Schüsse oder Explosionen. Nur die klingende Stille. Und Tod, der in die Luft gegossen wird. Hier ist sein Gebiet.
Was ich durch die Windschutzscheibe sehe, ähnelt Tschernobyl. Oder der „Zone“ aus dem Film „Stalker“. Die selbe Leere, düster und tödlich. Leere Bushaltestellen. Leere Schuppen. Leere Wohnstätten. Viele nicht einmal beschädigt. Aber niemand ist dort.
Wisent deutet auf eine unauffällige Abzweigung nach rechts. Das ist die Straße zum Flughafen. Nach etwa 500 Metern beginnt die Zone, die die Ukies direkt unter Feuer nehmen. Erschüttert die Abgeklärtheit des Ortes. Ruhig. Schweigend. Bewegungslos. Nur einen halben Kilometer vom Inferno. „Hölle aus geschmolzenem Blei.“ Bei den Buddhisten gibt es sie. Scheint, die Buddhisten haben recht – es gibt sie tatsächlich. Aber sie ist nicht irgendwo hinter dem Horizont der Wirklichkeit. Sie ist hier.
Oktober sieht aus wie Spartacus. Nur viel schlimmer. Spartacus besteht aus Einfamilienhäusern. Oktober – eine vollständige Schlafstadt, fünfstöckige Standardbauten aus Chrustschows Zeit. Sie erinnert mich an den Westdistrikt von Rostow am Don, woher ich komme. Das ist das Gebiet, in dem ich aufgewachsen bin. Sie ähneln einander wie Zwillinge … einer davon ist tot.
Alles ist gleich. Nur die Fassaden sind von Schrapnellen durchsiebt. Nur die Asphaltstraßen sind durch Minenkrater verstümmelt. Nur die Fenster sind von Explosionen zersplittert. Und Passanten sind selten. Wie Geister.
Und ist und auch nicht…
Und dazu verbrannte Schulen und Kindergärten. Sie werden zuerst anvisiert. Das ist ihre Visitenkarte. Ihr Hauptziel – russische Kinder. Die nächste Generation vernichten – das erste Ziel in jedem Genozid.
Wir verlassen das Auto. Sehen uns um. Wir müssen hinter den hohen Schlackehügel gelangen, hinter einem weiten Feld. An dessen Rändern einmal bewohnbare Häuser standen.
– Geh nicht die Straße entlang. Das kann sich ziehen.
Gehe ich nicht. Ich weiß das schon.
Vor uns ein Hindernis: quer über die Straße liegt ein Betonpfosten, von einem direkten Treffer gefällt. Wir müssen umkehren …
Bumm … unerwartet schlägt eine Granate ein, ziemlich nah.
Bumm … wieder. Näher.
Bumm … und noch näher.
Sie schießen nicht einfach so. Sie schießen auf uns.
Wir wurden bemerkt. Oder vielleicht hat irgendein Anwohner, ein Judas, den Schützen unseren Standort verraten. Was möglich ist. Sie sind wirklich von dort. Sie – sind Einwohner dieses Gebiets. Töten ihre Nachbarn und Bekannten. Ich kann mir nicht vorstellen, was mit einer menschlichen Seele geschehen sein muss, dass sie dazu fähig ist. Obwohl jeder hier die Antwort kennt: das müssten „Ukrainer“ sein.
„Die Ukrainer“… Sie wissen nicht, warum ich hier bin. Aber für sie bin ich der Todfeind. Wie jeder, der eine Kamera oder einen Camcorder benutzt. Am meisten fürchten sie jene, die ihre Verbrechen aufzeichnen. Sie an das Licht Gottes bringen. Sie wissen nicht, warum ich hier bin… Aber offensichtlich können sie es riechen, mit animalischem Instinkt.
Wisent schaut mich an. Ich nicke kurz. Wir fahren ab. Gott sei mit ihr, „Totschka-U“. Ich weiss, ich kann hier nicht bleiben, unter Feuer. Ich fürchte mich nicht. Gar nicht. Dieser Teil von mir ist tot. Wisent ebenfalls. Er ist ein sehr mutiger Mann. Aber ich weiß, das er Familie hat. Wer bin ich, eine solche Entscheidung zu treffen?
Wir verlassen die Gegend schnell.
– Wenn wir über die Ukies stolpern, weiss ich grundsätzlich, was zu tun ist. – Wisent dreht widerstrebend den Lenker und starrt aus dem Seitenfenster. Es macht keinen Sinn, zu den Unseren davonzulaufen. Dann eröffnen sie das Feuer aus allem, was sie haben, und wir sind geriebener Meerrettich. Wir müssten in ihren Rücken kommen und von dort auf die sichere Straße wenden. Nur dass das jetzt nicht funktioniert. Wir sind beide in Uniform, und du redest außerdem nicht wie einer von hier.
– Aber wenn wir sowieso entdeckt sind, warum nehmen wir nicht diese Strecke?
Wisent denkt einen Moment nach und zischt einen mehrstöckigen Fluch durch die Zähne. Wir fahren noch schneller. Einige Minuten später ist die Welt hinter dem Fenster eine andere. Wir sind zurück in der Welt der Lebenden.
Der Beschuss von Donezk hat fast aufgehört. Nicht für lange, wie sich herausstellt. Aber einige Stunden lang war es relativ ruhig. Zu uns ins Auto setzt sich ein weiterer Kämpfer. Sphinx. Ein fünfzigjähriger Soldat, der mir beigebracht hat, wie man mit Waffen umgeht. Warjag hat ihm eine Erledigung in der Stadt aufgetragen, solange nicht geschossen wird.
– Und, Shakespeare, willst Du nicht nach Donezk hineinfahren? Schauen, was sie (was er jetzt ausstösst, ist ein grobes russisches Wort, dessen nicht literarischer Teil passive Homosexuelle bezeichnet) mit dieser Stadt gemacht haben?
Natürlich will ich das sehen. Besonders, weil ich dazu bisher wenig Gelegenheit hatte. Donezk ist jetzt nicht der beste Ort für nachdenkliche und vergnügliche Spaziergänge.
– Passe ich denn in eure Route?
Sphinx lächelt ironisch.
– Es ist gleich, welche Strecke wir nehmen, Pascha.
Wir fahren in die Stadtmitte. Heute wurde die „Donbass-Arena“ mit Grad beschossen – eines der grössten Fussballstadien Europas. Ein Koloss aus Stahl und kugelsicherem Glas, der einem ernsten Erdbeben widerstehen kann. Eine Rakete hat ein Stück von der Größe eines Hauses aus seiner Wand gerissen.
Sphinx ist von hier. Er ist geborener Donezker. Er kennt hier jedes Haus. Und er weiss alles, was in jedem Haus passiert ist. Er kommentiert wie ein Fussballkommentator, was am Fenster vorbeizieht. Hier hat eine Granate ein Auto getroffen. Eine Familie ist darin verbrannt. Hier traf die Rakete ein fünfstöckiges Haus und verbrannte alles darin. Das Haus steht wie eine Eins, und es ist Nichts darinnen. Und hier sind zum ersten Mal Bomben auf die Stadt gefallen.
Sphinx ist ruhig. Er war Berufsoffizier der sowjetischen Armee. Major, der rechtzeitig „über den Fluss“ gegangen ist. In seinem Leben vor der Miliz hatte er Alles, wovon man träumen kann: Mercedes-Geländewagen, BMW Cabrio (womit er sogar einmal in die Baracke kam), ein nettes Heim, Familie, sozialen Status. Man sagt, Rinat Achmetow hätte ihn mit Handschlag begrüßt. Sphinx kam zur Gruppe „Warjag“ als einfacher Soldat. Warum? Darum.
– Ich meine, Shakespeare – sagt er zu mir – was sie da an Gerät in die Stad hereinbringen – das ist im Großen und Ganzen Müll. Um Donezk zu stürmen, müssten ihre Truppen zwanzigfach überlegen sein. Daran liegt es. Weil das Gerät ohne Deckung herrlich brennt, wie Tannenreisig. Und bei ihnen ist nur ein jämmerlicher Haufen übrig. Kein Kampfgeist. Die, die welchen hatten, haben wir vor dem Waffenstillstand erwischt. Sie können es versuchen, reindrücken, aber hier erwartet sie die Hölle. Aber was sie in der Zeit den Zivilisten antun – das ist die Frage.
Die Ansichten im Fenster lösen einander ab.
Das Haus der Kultur. Darin waren Menschen.
Der Palast der Jugend. Darin waren Menschen.
Das Museum. Darin waren Menschen.
Ruinen. Asche.
Und Anwohner. Die auf dem Zerbrochenen stehen. Und selbst nicht brechen.
Ich erinnerte mich an eine alte Frau von einem sozialen Einsatz, mit der ich geredet habe, während wir, die Gruppe Warjag, die Ausgabe der Unterstützung für Rentner und Behinderte in einer Gegend der Stadt überwachten. Sie sagte, wenn die Bastarde nach Donezk kommen, öffnet sie das Gas und jagt sie mitsamt dem Haus in die Luft. Sagte es ruhig. Fast ohne Gefühl. Hier ist alles ruhig. Höchstens einmal ein Blick. Wenn überhaupt. Ich bin keine Ausnahme.
Der Beschuss wird deutlich stärker. Es kracht um uns herum.
– Soviel zum Mittagessen – ein betrübtes Kichern von Wisent.
Wir kehren in die Baracke zurück.
Die Stadt wird 18 Stunden hintereinander beschossen. Ununterbrochen. Mehrere Artileriedepots wurden auf sie abgefeuert. Wir kennen die Zahl der Opfer noch nicht. Aber die Stadt tut, als hätte sie nichts bemerkt. Am nächsten Morgen schon waren wir mit dem Auto wieder unterwegs. Auf dem Bürgersteig gab es wieder Fußgänger. Donezk wird nicht sterben. Wie könnte es, da es sich nicht beugt.
Am nächsten Tag warten wir auf die Offensive. Aber sie wagen es nicht. Um nach einem solchen Artilleriebeschuss nicht anzugreifen, muss man schon „Ukrainer“ sein. Obwohl, sie haben ihre eigene Logik. Eine häßliche, pervertierte Bastardlogik, aber es gibt sie. Zuerst, das Prinzip des „was ich nicht bekomme, soll kein anderer haben“ wurde nicht widerrufen. Sie verstehen, dass sie die Stadt nicht brechen. Sie wissen, dass wir sie früher oder später weit von hier forttreiben werden. Und der Dreck. Schließlich. Zerstört alles, das zerstört werden kann. Und tötet jeden, den er töten kann. Und zweitens, die Ukrainer mit den Schulterstücken können so die Munition abschreiben. Es ist fast unmöglich, zu überprüfen, wieviele Runden sie geschossen haben, 10 oder 15. Wohin haben sie sie verkauft? Oh, das ist ein trübes, schreckliches Geheimnis. Und doch hätte es einen gewissen Charme, wenn nicht Menschen dafür sterben würden.
Obwohl, für sie sind wir keine Menschen.
PS: Als diese Sätze geschrieben waren, erhielten wir die Nachricht, die Bandera-Armee hätte Stellung bezogen. Nun… das haben sie schon einige Male getan. Und haben sich entweder nicht getraut oder wollten erschrecken. Diesmal kann es sich entscheiden. Wenn das so ist, willkommen, Dreck. Wir warten auf Euch. Und ich warte auf Euch. Ich habe Waffen.

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